Melisa Kujević








2025
Hallender Hass
Die Installation „Hallender Hass“ ist ein immersiver Erfahrungsraum, der die Normalisierung rechter Rhetorik im öffentlichen Diskurs körperlich spürbar macht. Besucher:innen steigen über eine rot ausgeleuchtete Treppe hinab, über der das Zitat „Jeder Einzelne trägt die ganze Verantwortung.“ von Willi Graf angebracht ist. Beim Eintreten wirkt es fast beiläufig – beim Hinausgehen, nach der Auseinandersetzung mit der Installation, entfaltet es seine ganze Wucht.
Im Vorraum leiten drei alte Fernsehmonitore in die Installation ein. Sie zeigen Bildmaterial zu rechtsextremer Gewalt, bleiben dabei jedoch bewusst stumm – ihre Präsenz ist akustisch dennoch spürbar. Das hohe, durchdringende Pfeifen der Bildröhren erzeugt eine körperliche Irritation, die von manchen Besucher:innen als schmerzhaft empfunden wurde. So entsteht ein stiller, aber aggressiver Auftakt, der die Empfindlichkeit gegenüber Gewalt und Hass schärft.
Der Hauptraum ist ein bunkerartiger, tiefrot ausgeleuchteter Keller. Sechs Beamer projizieren weiße, animierte Typografie an die Wände: echte, unkommentierte Zitate von AfD-Politiker:innen, die über versteckte Lautsprecher eingesprochen erklingen. Das hallende Echo und die Enge des Raumes lassen die Kälte und Aggression der Worte körperlich erfahrbar werden.
Das zentrale Element ist die Wand mit dem Schriftzug „ALLES FÜR DEUTSCHLAND“, ein exakt in die Raummaße eingepasster Kulissenbau. Die ausgefrästen Buchstaben sind mit Neonflex hinterleuchtet, sodass sich ein flirrendes Spiel zwischen analoger Materialität und der Illusion einer Projektion ergibt.
Begleitend zur Installation wurde eine Tageszeitung gestaltet, die die gesammelten Ausmaße und Entwicklungen rechtsextremer Gewalt in Deutschland dokumentiert. Sie erweitert die räumliche Erfahrung der Arbeit um eine recherchierte, journalistische Ebene und lädt die Besucher:innen dazu ein, das Gesehene und Gehörte in einen größeren gesellschaftlichen Kontext einzuordnen.
„Hallender Hass“ ist keine Reproduktion rechter Inhalte, sondern eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Gewalt politischer Sprache. Die Arbeit schafft einen Erfahrungsraum, der verstört, berührt und ein Innehalten provoziert – und der die Frage nach der eigenen Verantwortung unausweichlich macht.



2023
26.536 MENSCHEN! WÜRDE?
26.536! Das ist die unglaubliche Zahl an Menschen, die alleine seit dem Jahr 2018 bei dem Versuch, nach Europa zu gelangen, im Mittelmeer ertrunken sind. Hierbei handelt es sich allerdings lediglich um bestätigte Opfer. Die tatsächliche Zahl könnte aufgrund angenommener Nichterfassung noch und zwar sehr wahrscheinlich deutlich höher liegen. Geflüchtete, die meist aus ohnehin schon vom Krieg gebeutelten oder wirtschaftlich instabilen Regionen kommen, riskieren ihr Leben auf unsicheren Booten auf hoher See. Zusätzlich verschärft wird deren Situation zudem nicht selten auch noch vom inhumanen Vorgehen der umstrittenen europäischen Grenzschutzbehöre FRONTEX (Stichwort: "Push-Backs"). Dieses humanitäre Drama stellt eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte dar, verursacht nicht zuletzt durch politisches Versagen: Die EU und die Internationalen Gemeinschaften insgesamt müssen endlich handeln, sichere und legale Wege für Geflüchtete bereitstellen, damit diese Tragödie endet und nicht mehr Tag für Tag ungezählte Menschen ihr Leben vor den Toren der selbsternannten "Festung Europa" lassen müssen! 26.536 MENSCHEN! WÜRDE?

2022
Relocate
Installation im öffentlichen Raum (Wald), Fundmaterialien, LED-Licht, 2023
„Relocate“ ist eine raumgreifende Installation im Wald, die auf die Lebensrealität von Menschen in Flucht- und Vertreibungssituationen aufmerksam macht. Aus gesammeltem Astwerk, Holzstücken und Müllsäcken entstehen fragile Zeltkonstruktionen – notdürftige Behausungen, wie sie von Geflüchteten in europäischen Wäldern errichtet werden, um Schutz vor Sichtbarkeit, Kälte und Gewalt zu finden. Der Wald – oft als Ort von Romantik oder Rückzug verklärt – wird hier zum Schauplatz existenzieller Unsicherheit. Die Behausungen sind kaum mehr als provisorische Schutzmäntel, die Wind, Nässe und Angst nur bedingt standhalten. Jede Hütte wird von einer LED-Leuchte im Inneren erhellt – Symbol für Wärme und Hoffnung, zugleich aber auch für das Risiko, entdeckt und vertrieben zu werden. Die Arbeit versteht sich als stilles Mahnmal, das mitten im scheinbar idyllischen Wald Raum für Reflexion schafft. Sie konfrontiert mit der Realität von Menschen, die sich – im Zentrum Europas – außerhalb jeder Sicherheit bewegen müssen, und stellt Fragen nach Empathie, politischer Verantwortung und unserem Blick auf Flucht.