Lea Stilgenbauer

2025

Kontrollmuster


Ich verlasse die Wohnung, gehe die Treppe herunter. Auf halber Strecke kommt mir der Gedanke:„Habe ich die Haustür denn hinter mir zugezogen?“ Ich laufe nochmal hoch, sehe die verschlossene Tür, ziehe daran, um ganz sicher zu sein und mache mich wieder auf den Weg. Doch auch dieses Mal kommt der Zweifel auf: „Ist die Tür denn wirklich ganz zu?“ Ich gehe nochmal hoch, und nochmal. Schließlich mache ich ein Foto von der Tür, damit ich mich jederzeit vergewissern kann, dass sie wirklich geschlossen ist. Ich mache mich auf den Weg. Diesmal keine Zweifel. Auf das Foto schauen muss ich nicht, aber es ist gut zu wissen, dass es da ist.

Jahrelang litt ich unter einer Zwangserkrankung. In dieser Zeit kam es immer wieder zu solchen Situationen, in denen ich meiner Handykamera mehr vertraute als meinen eigenen Augen. Heute, mit etwas Abstand, weiß ich nicht mehr bei jedem Foto, warum es mir so wichtig war, die Situation als Kontrolle festzuhalten. Oft schäme ich mich auch für meine Krankheit und mein Verhalten damals. Aber ich weiß, dass es ein Verhaltensmuster war, eins von vielen Mustern zur Absicherung. Es hat viele Therapiesitzungen und Momente des Zweifels gedauert, bis ich den Mut hatte, dieses Kontrollverhalten hinter mir zu lassen und das Muster zu durchbrechen.

Die Arbeit beschäftigt sich mit diesen Kontrollfotos, welche verfremdet wurden, damit sie ihre ursprüngliche Funktion verlieren. Anschließend wurden sie zu einem Muster aneinandergenäht. Dieses Muster wird durch einen nachträglich eingestickten Leuchtfaden gebrochen.